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Kraft aus dem Grünen

Mittwoch, 17.07.2019, Forschen

Enzyme mischen bei chemischen Reaktionen als Beschleuniger mit. Dieser als Biokatalyse bekannte Prozess beschäftigt den Grazer Chemiker Wolfgang Kroutil in seiner Forschungsarbeit

Hohe Kosten sind oftmals der Grund, dass Behandlungen nicht bezahlbar sind – oder im schlimmsten Fall auch nicht durchgeführt werden können. Die Pharmaindustrie hat Alternativen in günstigeren Herstellungsprozessen gefunden, und diese schlummern nicht etwa in den Schreibtischladen, sondern sind sehr wohl im Einsatz. Doch welche Motivation steckt dahinter? Sitagliptin ist ein gutes Beispiel. Das Medikament wird seit 2005 sehr erfolgreich für Behandlung von Diabetes mellitus Typ II eingesetzt; produziert wird es jetzt mithilfe von biologisch herstellbaren Enzymen. Dieses Verfahren nennt sich Biokatalyse. Der Chemiker Wolfgang Kroutil arbeitet seit vielen Jahren an der Erforschung dieses grünen Weges in der Chemie. Und auch bei Sitagliptin war er an der Entwicklung und Erforschung der nötigen Enzyme beteiligt.

„Im Schnitt sind zwischen fünf und 15 Schritte notwendig, um ein Medikament zu produzieren“, erklärt Kroutil. Das wiederum bringt einen hohen und teuren Energieeinsatz mit sich. „Es entstehen auch für die Umwelt schädliche Abfälle, die dann aufwändig und kostenintensiv entsorgt werden müssen.“ Durch die Biokatalyse können chemische Reaktionen sauberer und effizienter gestaltet werden. Der Ansatz, den die ForscherInnen dabei verfolgen, ist, sich bei der Natur abzuschauen, wie sie Synthesen durchführt.

Bis vor kurzem war der Einsatz der Biokatalyse in der Chemie vergleichbar mit der stückhaften Renovierung eines Hauses. „Wir arbeiten jetzt daran dieses Haus, diese Struktur von Grund auf neu zu bauen. Um Reaktionen in der Chemie zu verbessern, setzen wir Enzyme aus der Natur ein“, führt Kroutil aus. Viele chemische Prozesse werden mithilfe der Biokatalyse neu gedacht. Die Herausforderung, vor der die WissenschafterInnen stehen, ist, das Gerüst von organischen Molekülen mittels Enzymen nachzubauen.

„Natürliche Katalysatoren sind genau auf eine Substanz adaptiert und setzen nur diese zu einem bestimmten Produkt um“, erklärt der Wissenschafter. Und das funktioniert sogar bei einer Temperatur zwischen zwanzig und vierzig Grad Celsius. Im Vergleich dazu: In der organischen Chemie gibt es Reaktionen, die Temperaturen von bis zu minus neunzig Grad benötigen. Die nötige Kühlung während der Prozesse treibt die Kosten hoch.

 

Im Schnitt sind zwischen fünf und 15 Schritte notwendig, um ein Medikament zu produzieren

 

Katalysatoren aus Aminosäuren. In der Biokatalyse haben Mikroorganismen eine besondere Stellung. „Wir sind einerseits in der Lage, Katalysatoren aus nachwachsenden Rohstoffen, wie zum Beispiel Zucker oder Eiweiß, herzustellen. Andererseits können wir diese dann einfach entsorgen, indem wir sie an die Tiere verfüttern oder biologisch abbauen lassen.“ Bei vielen Tonnen Sitagliptin, die jährlich produziert werden, wirkt sich das auf die Ökobilanz eines Unternehmens merklich aus.

Und auf die Ertragslage. Natürlich könnten diese Medikamente auch am Markt günstiger angeboten werden, um vielleicht das Ungleichgewicht der medizinischen Versorgung in Entwicklungsländern auszugleichen. Kroutil beobachtet darin allerdings nichts mehr als „einen netten Nebeneffekt“. Die primären Ziele der Pharmafirmen seien eine Kostensenkung, eine effiziente Herstellung und somit eine höhere Gewinnspanne. Ein klarer Fall.

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