Europa benötigt neue nachwachsende Ressourcen für die Herstellung wichtiger Chemikalien, um den Wandel zu einer erdölfreien Gesellschaft zu schaffen. Aber wie kann man aus Biomasse Kunststoffe herstellen, die ähnlich sind, wie jene aus Erdöl, jedoch biologisch abbaubar? Im EU-Projekt „Biobased Value Circle“ arbeiten Forscher:innen und Unternehmen aus ganz Europa an neuen umweltschonenden Verfahren, darunter auch das Forschungsteam von Wolfgang Kroutil am Institut für Chemie.
Einer Mitarbeiterin, der Doktorandin Klara Bangert, ist jetzt im Team ein Durchbruch in der Herstellung von Bausteinen von Bioplastik gelungen. Das Bioplastik kann beispielsweise für Verpackungen genutzt werden, denn diese werden oft aus Erdölprodukten hergestellt und sind oft eine Umweltbelastung.
Enzyme aus Bakterien
Der Schlüssel liegt in Enzymen, das sind Proteine, die chemische Reaktionen ermöglichen. In der Fachwelt nennt man das Biokatalyse. Mit Hilfe von Bakterien konnte sie ein Enzym gewinnen, das die Herstellung von Substanzen für stabilere und bessere Formen von Bioplastik ermöglicht. Mit klassischen chemischen Verfahren war das bisher nicht möglich. „Die aktuell genutzten Materialien für Bioplastik sind oft nicht ideal“, erklärt Bangert. „Deshalb haben wir nach Varianten gesucht, die sich besser für den Einsatz in der Industrie eignen.“
Ihr Betreuer Wolfgang Kroutil führt aus: „In unserer Forschungsgruppe legen wir die Definition von Bioplastik sehr streng aus. Sowohl die Ausgangsmaterialien als auch das Endprodukt müssen zu 100 Prozent biologisch abbaubar sein.“
Bangert legte ihr Augenmerk auf nachwachsende Basismaterialien. Eine geeignete Quelle fand sie in Kokosöl. „Allerdings kennt die Chemie bisher keine Lösung, um aus den Fettsäuren des Öls die Plastik-Bausteine zu machen“, sagt die Forscherin. Und so nahm sie sich die Biologie zum Vorbild, konkret das Bakterium Exiguobacterium, welches mit einem speziellen Enzym die Fettsäure modifiziert.
Mehr Stabilität
Die Nachwuchswissenschaftlerin konnte auf diesem Weg zeigen, dass dieses Enzym sich auch für die Herstellung von Grundstoffen für stabileres Bioplastik eignet. Als weitere Zutat benötigt sie lediglich Wasserstoffperoxid, das beispielsweise für das Blondieren von Haaren genutzt wird. „Der einzige Reststoff, der nach dem Verfahren übrigbleibt, ist Wasser“, erklärt die Chemikerin.
Ihre Forschung dient nun als Basis für weitere Vorhaben, erläutert Kroutil. „Bisher schaffen wir bereits die Herstellung dieses Ausgangsmaterial für neues Bioplastik im Grammbereich. Jetzt wollen wir zeigen, dass das auch im größeren Maßstab möglich ist. Dazu benötigen wir noch bessere Enzyme, die es nun zu entdecken gilt.“
Die Ergebnisse wurden in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Firmen wie B4Plastics, bisy und Enzyan Biocatalysis erzielt und in der internationalen, hochrangigen Fachzeitschrift „Green Chemistry“ veröffentlicht
(https://pubs.rsc.org/en/Content/ArticleLanding/2024/GC/D3GC04593E