Eine Forschungsgruppe der Universität Graz rund um den Chemiker Jörg Feldmann hat die Kläranlagen Leibnitz und Gössendorf in der Steiermark auf Rückstände von Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, kurz PFAS, untersucht. Es zeigt sich klar, dass die Abwässer der Großstadt Graz mit den Umweltgiften belastet sind, die seit den 2000er-Jahren in Nahrungsmitteln, Pflanzen, Tieren und auch in menschlichen Blut regelmäßig nachgewiesen werden.
Der Hintergrund: PFAS gehören zu den am weitesten verbreiteten Kunststoffen in Industrie und Haushalt, von wo sie unter anderem über die Textilwäsche ins Abwasser gelangen. PFAS ist dabei ein Sammelbegriff für über 10.000 Einzelsubstanzen, die sich besonders lange in der Umwelt halten, ebenso wie die Abbauprodukte.
Über Jahrzehnte wurden die Auswirkungen dieser Stoffe auf die menschliche Gesundheit unterschätzt. Inzwischen weiß man, dass PFAS die Umwelt und die menschliche Gesundheit auf Generationen hinaus beeinträchtigen können. Vor allem für schwangere Frauen und Kleinkinder stellen diese Stoffe ein Gesundheitsrisiko dar.
Umweltgift in der Mur
Weltweit untersuchen Forschungsteams inzwischen die Konzentration von PFAS im Abwasser. In Zentraleuropa ist die Datenlage allerdings gering, was die Grazer Forscher:innen zu ihrer Untersuchung motivierte. Die Laborergebnisse zeigen, dass bereits die eingeleiteten Abwässer mit unterschiedlichen PFAS-Verbindungen belastet sind. Auch die Menge an Abbau-Stoffen wie extrahierbares organisch gebundenes Fluor (EOF) sind wie erwartet deutlich erhöht.
Auffallend ist jedoch, dass die Konzentration dieser Stoffe im gereinigten Wasser sogar noch zusätzlich erhöht ist. Für Feldmann ein besorgniserregendes Ergebnis: „Diese messbaren PFAS sind sehr mobil und können sogar das Grundwasser erreichen und so auch im Trinkwasser auftreten.“ Die Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass im Zuge der biologischen Klärung neue PFAS aus synthetische Vorläufersubstanzen entstehen. Darauf weisen auch die Wasserproben aus der Mur hin, die jeweils oberhalb und unterhalb der Kläranlage genommen wurden.
Hier zeigt sich klar, dass der Anteil an PFAS im Oberflächenwasser unterhalb der Kläranlagen erhöht ist. „Die gemessenen Werte liegen dort, wo man sie in jeder Großstadt antreffen würde“, erklärt Feldmann. Er ortet hier kein Versagen der Kläranlagen, es fehle schlicht an der nötigen Technologie.
„Bislang gibt es keine Methoden, mit denen diese Stoffe aus dem Abwasser entfernt werden können“, erklärt die Wissenschaftlerin Viktoria Müller, die auch die Messungen durchgeführt hat. Sie plant daher bereits eine Folgestudie: „Ich will nun untersuchen, ob verbesserte Filteranlagen und die Behandlung des Wassers mit Ozon die Konzentration mit PFAS reduzieren kann.“
Publikation:
Fluorine mass balance analysis of PFAS in communal waters at a wastewater plant from Austria. Viktoria Müller, Andrew Kindness, Jörg Feldmann. Water Research Volume 244, 1 October 2023
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0043135423009417