Wenn ForscherInnen dem Beispiel der Natur folgen um chemische Herstellungsprozesse nachhaltig zu machen, dann fällt das unter das Schlagwort "Biokatalyse". Ein Katalysator erhöht die Reaktionsgeschwindigkeit, "Bio" meint hier den Einsatz von natürlich vorkommenden Enzymen. "Die Biokatalyse macht die Produktion von Arzneimitteln oder anderen Chemikalien schneller, kostengünstiger und umweltfreundlicher. Erfolgreich zum Einsatz kommt das Verfahren zum Beispiel schon bei der Herstellung des Diabetes-Medikaments Sitagliptin", erklärt Wolfgang Kroutil vom Institut für Chemie der Uni Graz, der an der Erforschung der für Sitagliptin benöigten Enzyme beteiligt war.
Kroutil lädt diese Woche gemeinsam mit Mélanie Hall und Christoph Winkler und einem internationalen Beratungsteam zur renommierten BioTrans-Tagung (19. bis 22.Juli 2021), zu der sich fast 700 ForscherInnen aus aller Welt angemeldet haben. Worüber sich die führenden Köpfe der globalen Biokatalyse-Forschung online austauschen? „Wir diskutieren beispielsweise, warum gewisse Katalysatoren besser arbeiten als andere. Auch werden innovative Computer-Methoden präsentiert, mit denen ihre Arbeit simuliert wird. Die so gewonnenen Informationen helfen wiederum dabei, sie noch besser und effizienter gestalten“, erzählt Wolfgang Kroutil. Wichtige Themen sind auch neue Anwendungsmöglichkeiten und die Einbindung in die Produktion von Chemikalien, wie etwa Medikamenten in industriellen Prozessen.
Besondere Ausgabe
Die BioTrans findet seit dem Jahr 1993 alle zwei Jahre statt. Schon die Premiere ging in Graz über die Bühne, heuer ist das Event zum zweiten Mal hier. In den vergangenen Jahrzenten wurde das Format an vielen unterschiedlichen Standorten in ganz Europa ausgetragen und entwickelte sich zur wichtigsten Konferenz im Bereich Biokatalyse. Die besonderen Bedürfnisse der 2021-Ausgabe haben die WissenschafterInnen darin beflügelt, in der Planung besonders viel Kreativität an den Tag zu legen. Wolfgang Kroutil: „Neben dem Vortragsprogramm können sie die TeilnehmerInnen in virtuellen Besprechungsräumen treffen, denen wir lokale Namen gegeben haben, wie etwa ‚Schloßbergterrasse‘. Für Studierende gibt es eigene Sessions, in denen Karrierewege wie ‚Von der Universität in die Industrie‘ und vice versa oder ‚Frauen in der Forschung‘ thematisiert werden. Dazwischen bieten wir geführte Fitness-Einheiten an, um Verspannungen durch das lange Sitzen vorzubeugen.“
Natürlich sei es um das persönliche Treffen schade, räumt der Wissenschafter ein. Gleichzeitig zeigt er sich über die rekordverdächtige Anzahl der Anmeldungen begeistert: „Viele der fast 700 Personen hätten zu einer Präsenz-Veranstaltung nicht anreisen können oder wollen. Online sind sie jetzt aber mit dabei, zudem reduzieren wir den CO2-Abdruck der Tagung massiv.“
Zu den weiteren „Goodies“ der Online-Variante zählen ein live Stadtspaziergang durch Graz und ein eigens geschaffener Podcast mit dem Titel „In the Active Site“, der seit dem vorigen November regelmäßig Lust auf die BioTrans macht. Als ein traditionelles Highlight gilt auch die Vergabe zweier Preise, die heuer live gestreamt wird: Kurt Faber, langjähriger Biokatalyse-Experte an der Universität Graz, bekommt den BioTrans Senior Award, Todd Hyster (Cornell University, USA) den Junior Award.
>> Weitere Infos auf der Tagungs-Website: http://biotrans2021.uni-graz.at